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[Westdeutsche Zeitung, 26.06.2023]

Nach 32 Jahren als Leiter der Kinder und Jugendeinrichtung verabschiedet sich Joachim Heiß in den Ruhestand

 

Kämpfer der Alten Feuerwache

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Joachim Heiß geht in den Ruhestand. Die Leitung der Alten Feuerwache übernimmt Jana Ihle.

Foto: Andreas Fischer

 

„Kannst du deine Rente nicht hier machen?“

Die Kinder der Alten Feuerwache lassen Joachim Heiß nur ungern gehen. Solche und ähnliche Fragen hat der langjährige Leiter der Einrichtung in der Nordstadt in den letzten Tagen mehrfach gehört. Natürlich macht ihn das ein bisschen wehmütig. Doch in erster Linie ist es eine Bestätigung seiner Arbeit. Und die hat er offensichtlich sehr gut gemacht. Zu seinem Abschied sind auch ehemalige Kinder der Alten Feuerwache gekommen, die heute längst erwachsen sind und in anderen Städten wohnen. „Joachim, wenn du nicht gewesen wärst, wären wir bestimmt im Knast gelandet“, haben manche zu ihm gesagt.

Die Einrichtung an der Gathe ist ein Ort der Kinder- und Jugendarbeit, der Familien- und Sozialarbeit in einem Stadtteil, in dem viele Menschen viele Probleme haben. Einem Stadtteil, in dem viele Kinder wohnen, die von zu Hause nicht die Aufmerksamkeit erfahren, die jedes Kind verdient hat. Für sie ist Joachim Heiß vor 32 Jahren angetreten, als er die Aufgabe bekommen hat, die Alte Feuerwache zum Ort der Kinder- und Jugendarbeit zu machen. Und das war wahrlich nicht einfach, schon allein der Standort hatte es in sich. „Wir hatten zunächst nur den südlichen Teil des Gebäudes. Im nördlichen Teil war die städtische Übernachtungsstelle für nicht sesshafte Männer. Nebenan war die städtische Übernachtungsstelle für nicht sesshafte Frauen. Wir waren mit unseren Kindern mittendrin“, erinnert sich Heiß.


Die Finanzierung stand immer wieder auf der Kippe


Hinzu kamen über die ersten zehn Jahre hinweg massive Geldsorgen. Die Finanzierung der Alten Feuerwache stand immer wieder auf der Kippe, auch als die Erweiterung auf die anderen Gebäudeteile anstand. Diese Sorgen holten Joachim Heiß auch während Corona noch einmal ein. Das Haus finanziert sich auch durch Einnahmen aus Vermietungen für Kindergeburtstage und andere Veranstaltungen. Während der Pandemie sind diese komplett weggebrochen.

Doch der Leiter der Einrichtung und sein Team haben sich schon vor 30 Jahren nicht abschrecken lassen, sondern Angebote geschaffen. Bei ihnen haben die Kinder im Stadtteil Mittagessen bekommen und ihnen wurde bei den Hausaufgaben geholfen. Anschließend konnten sie an der Gathe ihre Freizeit verbringen. Schnell wurde aber klar, dass es mehr braucht: „Wir hatten Kinder mit teilweise hohem Gewaltpotenzial, sowohl gegen sich selbst, als auch gegen andere“, sagt er. Aus der alten Wagenhalle wurde eine Kletter- und Spielhalle. In Achtsamkeitsgruppen finden die Kinder, die intensivere Unterstützung brauchen, einen geschützten, familiären Raum, um ihre Probleme zu bewältigen. „Die Beziehungs- und Bindungsarbeit ist das Entscheidende. Die Kinder brauchen Ansprechpartner, denen sie vertrauen und mit denen sie über ihre Themen sprechen können“, sagt Heiß. Und das sei heute wie damals das Wichtigste, denn die Probleme der Kinder und Jugendlichen seien noch dieselben wie vor 30 Jahren. Gewalt in der Familie, Drogenmissbrauch der Eltern und Alkoholismus sind da nur einige Beispiele.

Er selbst sei kein einfaches Kind gewesen, hätte von vielen Lehrern aber statt ein offenes Ohr eher Strafen bekommen. Bis eines Tages ein junger Lehrer sich seiner angenommen hat. Das hat ihn zunächst dazu inspiriert, ein Lehramtsstudium aufzunehmen. „Letztendlich war das aber nicht das Richtige für mich. Lehrer sind einfach sehr an die Vorgaben des Lehrstoffes gebunden. Da bleibt für Beziehungsarbeit nur wenig Zeit“, sagt er. Doch gerade diese war ihm wichtig.

Also hat er umgeschwenkt und ist schließlich Diplompädagoge geworden. Er war gerade freier Mitarbeiter im Haus der Jugend, als der Ruf an die Gathe kam. Die Alte Feuerwache hat er über die Jahre zu einem ganzheitlichen Angebot gemacht für Kinder von der Geburt an bis ins Erwachsenenalter. Diese lückenlose Begleitung fängt bei der Betreuung durch eine Hebamme an, geht über das Angebot des Kulturkindergartens, der Kita im Haus, über die offene Jugendarbeit bis hin zu Angeboten für Familien.

Nun zieht sich Joachim Heiß Ende des Monats in den Ruhestand zurück. Dann übernimmt seine langjährige Kollegin Jana Ihle die Leitung der Alten Feuerwache. Auch wenn es ihm schwer fällt, ist sich Heiß sicher, dass er sich zurückziehen kann. „Ich werde auf keinen Fall so ein ehemaliger Leiter, der nicht wirklich loslassen kann und sich von außen weiter in alles einmischt“, sagt er. Sollten seine Nachfolger aber einmal um seine Meinung bitten, stünde er selbstverständlich zur Verfügung.

Für die Zeit nach der Alten Feuerwache hat er auch schon Ideen. „Ich habe noch ein, zwei Projekte im Kopf, die ich nicht mehr umsetzen konnte. Vielleicht kann ich diese ehrenamtlich angehen“, sagt er. Zum einen will er Kitakinder und Senioren zusammenbringen. Ähnliche Angebote hätten gezeigt, dass von der Kombination aus Jung und Alt beide Seiten profitieren. Die Jungen aus der Erfahrung und der Zeit, die die Senioren ihnen widmen. Und die ältere Generation, weil die Kinder sie antreibt, Dinge zu machen, von denen sie längst geglaubt habe, dass sie sie nicht mehr könne. Bei seiner zweiten Idee bezieht sich Heiß auf wissenschaftliche Studien, die belegen, dass es Menschen glücklich macht, wenn sie anderen helfen. Entsprechend will er Menschen, die Hilfe brauchen, mit solchen, die Kapazitäten zur Hilfe hätten, zusammenbringen. Und das wird ihm bestimmt gelingen, denn genau das ist es ja, was Joachim Heiß all die Jahre angetrieben hat: der Wunsch, anderen zu helfen.

(Quelle: Nina Mützelburg, WZ Wuppertal 26.06.2023)

 

Endlich ist es soweit: Die 3. Folge des Videomagazins „KLICK“ geht online!

Die Kinder der Alten Feuerwache in Wuppertal nehmen euch mit aufs Viertelfest, zeigen ihre Lieblingsorte und wie sie malen, tanzen und sogar zaubern können!

 

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Hier könnt ihr die neuste Folge anschauen: Youtube

 

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Moderation: Dörte Bald, Jan Hinrichs, Lydia Stettinius Kamera und Schnitt: Andre Scollick

Der Artikel aus der WZ vom Montag, den 27. Februar 2023 berichtet über den zweiten Teil der Gesprächstriologie in der Wuppertaler Bandfabrik. Zu Gast waren unsere pädagogische Leiterin Jana Ihle und Sozialdezernent Dr. Stefan Kühn.

Welche Folgen Armut für Menschen in Wuppertal hat

Gesprächstriologie Armut JanaKLEIN

Was bedeutet Armut für eine Stadt? Und wie beeinflusst sie den Einzelnen? Fragen, denen im zweiten Teil der Gesprächs-Trilogie „Angst, Armut, Glück“ nachgegangen wurde. In der Bandfabrik in Langerfeld konnte Moderator Olaf Reitz zwei Gäste begrüßen, deren Beruf eine ständige Auseinandersetzung mit Armut erfordert. Jana Ihle, pädagogische Leitung des Jugend- und Begegnungszentrums Alte Feuerwache an der Gathe, sowie Sozialdezernent und Interims-Kämmerer Stefan Kühn standen Rede und Antwort.
„Eigentlich ist Deutschland ein sehr reiches Land“, hob Olaf Reitz zu Beginn hervor. Dennoch sei Armut präsent, auch und gerade in Wuppertal. Die Stadt könne im Bundesvergleich als arm bezeichnet werden; nicht zuletzt im Hinblick auf die kommunale Kasse. Eine Feststellung, die Stefan Kühn in dieser Form nicht stehen lassen wollte: „Ich weigere mich, darauf reduziert zu werden, dass diese Stadt arm ist.“ Zwar sei hier der Strukturwandel stark spürbar und die Stadt tatsächlich klamm, aber, so Kühn: „Der Mangel an Fantasie und Engagement ist schlimmer als der Mangel an Geld.“ In dieser Hinsicht sei Wuppertal äußerst reich. Nichtsdestotrotz unterstrich der Dezernent deutlich, dass sowohl mehr Geld als auch eine Schuldenentlastung notwendig seien. Hier appellierte er an das Land.
Wie sich Armut auf den Alltag der Menschen auswirkt
Die politische Theorie hat bekanntlich spürbare Auswirkungen. Jana Ihle konnte in der Folge berichten, wie sich Armut auf den Alltag der Menschen auswirkt. So können sich viele Kinder das Mittagessen in der Alten Feuerwache kaum mehr leisten, das dort zum Preis von einem Euro angeboten wird. Die Köchin habe sie kürzlich gefragt, was sie mit ihrer Kasse machen solle – sie quoll über, weil so viele in Kupfergeld zahlten.
„Der Glaube ist verbreitet, dass einem noch weitere schlimme Dinge passieren, wenn man in einer solchen Lage ist“, sagte Jana Ihle. Dieser Kontrollverlust führe schließlich zu ernsten psychischen Auffälligkeiten, die klar mit der Armut korrelierten. An der Gathe seien 2016 bei einem Drittel der dort umsorgten Kinder klinisch relevante Depressionswerte festgestellt worden.Wie also helfen? Hier war wieder Sozialdezernent Stefan Kühn gefragt, der das Problem vor allem in der Bürokratie ausmachte: „Wir haben ein überkomplexes System, das häufig nicht zielgerichtet ankommt.“ Viel mehr Menschen könnten von den ohnehin vorgesehenen staatlichen Hilfen profitieren, wenn sie sich nicht durch schwer verständliche Anträge kämpfen müssten. Moderator Reitz legte daher nun den Fokus darauf, wie die Menschen befähigt werden könnten – und ob dies letztendlich effektiver sei als mehr und mehr Geld.Jana Ihle konnte das bestätigen. Sie und ihr Team versuchten zum Beispiel, Bewältigungsmechanismen für Kinder zu entwickeln, Mütter schon vor der Geburt zu begleiten oder Kita-Plätze für Benachteiligte zu reservieren. So könne das verbreitete Phänomen gebrochen werden, dass Armut vererbt wird. Auch Stefan Kühn wünscht sich eine Lobby für Menschen, die von Armut betroffen sind, auch, weil sonst die Demokratie gefährdet sei. Dazu nannte er als Beispiel: Der Anteil von Nichtwählern steige mit abnehmendem Einkommen.Bei diesem Punkt aber intervenierte Jana Ihle. Die Menschen, mit denen sie im Berufsalltag beschäftigt ist, hätten andere Sorgen als die politische Auseinandersetzung. „Miteinander in Kontakt zu kommen und ein Netzwerk zu bilden, das ist der erste Schritt“, fordert sie. Daran, so kam man überein, müsse geschraubt werden – mit dem Ehrenamt als Sahnehäubchen, nicht aber als Basis.Patentlösungen gegen Armut sollten und konnten in der Gesprächsrunde an diesem Abend nicht gefunden werden. Bei der abschließenden Publikumsrunde hatte aber eine Zuhörerin den Applaus der anderen Anwesenden auf ihrer Seite. Ihr Plädoyer lautete: „Lasst uns gemeinsam auf den Weg machen, ob im Sportverein oder in der Politik, und Probleme anpacken.“

(Quelle: WZ Wuppertal, 27.02.2023, Juri Lietz / Foto: A. Fischer)

 

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